Die Mauer

Ich bin sicherlich nicht allein, wenn ich über Katastrophen Probleme,
Ungerechtigkeiten, mit meinen besten Freunden darüber rede bekomme 
Ich  dann den zweifelsohne guten Rat " Vorwärts gucken !!!".

Wenn das so einfach wäre. Ist es aber nicht. Denn ich kann mein
Kleid nicht so einfach ausziehen.

Es ist voller Falten, Flecken, Risse, Pünktchen und Flicken. Es ist
m,eine zweite Haut.

Wenn ich es ausziehen könnte, stände ich nackt da, ungeschützt und ob
ich  dann diese Mauer platt machen könnte, um  vorwärts
zu gucken wäre fraglich.

Es wird mühselig, aber vielleicht gehts stückchenweise, Stein für Stein.
Ich versuche es, bin aber unsicher, ob es gut wird, was ich dann  sehe.

Denke ich auch so vor der Wahl. Tja immer vorwärts gucken.

Distel1fink7


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Kommentare (5)

Rosi65

Liebe Renate,

eigentlich könnte man dieses zerissene, aber vertraute Kleid, mit einem Schneckenhaus vergleichen.

Sicher trägt jeder Mensch in seinem Leben solch ein Schneckenhaus mit sich herum, um sich im Notfall darin sicher zurückzuziehen, seine Lebenswunden zu pflegen und wieder neue Kraft zu schöpfen. Und das ist auch gut so.
Nur nützt es nichts, wenn dort jemand von außen plötzlich anklopft und den Bewohner auffordert wieder herauszukommen, denn jeder Betroffene wird individuell selber wissen, wann die Zeit dafür reif ist.

Rosi65
 

Christine62laechel


Liebe Renate, Dein Eintrag erinnert mich an eine Schulung, an der ich vor Jahren teilgenommen hatte. Da hat uns die Edukatorin so etwas erzählt: ein Junge, sieben Jahre alt, sollte bald an einem Schulausflug teilnehmen, worauf er sich sehr freute. Zwei Tage davor erkrankte er, hatte Fieber, keine Rede also. Er weinte und war total unglücklich, ein Kind ja. Seine Mutter wollte ihn natürlich trösten, und sagte: weine nicht. Das ist nur so ein Ausflug; im Sommer reisen wir zusammen ins Ausland! Denke gar nicht mehr daran...

Dann fragte uns die Edukatorin: wie meinen Sie, war das richtig? Ich muss zugeben, dass wir alle meinten, wir würden in so einem Fall genauso handeln.

Darauf sagte die Edukatorin: und das wäre falsch... Denn die Mutter, so wie auch Sie, meinte es gut, aber - so eine Person, die aus irgendeinem Grund weint, sich unglücklich fühlt, sie braucht es ja nicht, dass man ihre Emotionen blockiert. Es wäre richtig, wenn die Mutter sagen würde: du hast einen Grund zu weinen, hast dich auf den Ausflug ja so gefreut. Ich kann mir vorstellen, wie unangenehm für dich der Gedanke ist, dass du so ein schönes Abenteuer mit deinen Schulkameraden versäumen musst. Habe ich recht?

Und so könnte ihr Sohn seine Emotionen im Weinen und im verständnisvollen Gespräch loswerden, dies wäre zugleich eine diskrete Ablenkung. Erst dann, später, könnte ihm die Mutter eventuell auch etwas versprechen, ihm etwas besonders Leckeres anbieten, usw.

Das war nun ziemlich lang, ich möchte aber dadurch meine Hoffnung ausdrücken, liebe Renate, dass auch Du beim nächsten Mal zuerst über Deine Erlebnisse und Emotionen klagen, weinen, erzählen - auch mehrmals - können wirst, bevor man Dich mit dem "Vorwärts gucken" aufmuntern wollen wird.
Deine Freunde meinen es aber sicher auch gut.


Mit herzlichen Grüßen
Christine

 

Distel1fink7

@Christine62laechel  
Liebe Christine, das Beispiel ist hervorragend.
Alles verstanden.

Danke 

Syrdal


Keine noch so hohe und feste Mauer lässt sich nicht einreißen, doch sei gut gewappnet auf das, wohin du nach dem Fall gelangst, es könnte dir eine Enttäuschung sein.

Distel1fink7

@Syrdal  

Genau das ist es - was ich befürchte.

DANKE Sydral


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