Ich fahre noch
Es ist wieder soweit – ein medizinischer Fahrtüchtigkeitstest. Ich hatte schon zwei, und nun ist der dritte da. Ich bin mittlerweile wieder 3 Jahre älter. Ich bin nervös. Ich weiß, dass ich noch gut fahren kann. Ich sehe noch gut, habe neue Linsen und bin auch noch ziemlich gesund im Vergleich zu Gleichaltrigen. Trotzdem bin ich nervös. Zuerst wird mir Blut abgenommen. Ich nehme an, wegen Alkohol oder was auch immer. Dann folgt ein Seh- und Hörtest. Ich bestehe es ohne Probleme. Ja, denke ich mir, das war es doch mehr oder weniger.

Das Fräulein führt mich zum Arztzimmer, ich sollte noch warten. Der Computer mit meinen Daten läuft. Ich schaue das Ganze mal an. Hoher Blutdruck, ja, das weiß ich. 165 zu 90. Puls 90 Stimmt, ich bin aufgeregt. So hohe Puls habe ich, wenn ich Rad fahre. Ich bin aufgeregt. Zu Hause ist mein Blutdruck immer eher niedrig. Feigling denke ich mir... du hast Angst.

Ich weiß, Ärzte machen mir Angst. War schon immer so. Ja nun, denke ich mir, es ist bald überstanden. Die Ärztin kommt herein. Ich weiß, sie ist sehr nett. Freundlich. Sie kennt mich.

„So, Herr ... Jetzt machen wir noch einen kleinen Test.“, Scheiße, denke ich, was jetzt noch? Ich habe hier einen Zettel, und wir machen zusammen ein paar Sachen. Nochmals, Scheiße. „Ich habe hier zwei Aufgaben, die können Sie sicher gut machen. Zeichnen Sie eine Uhr mit allen Zahlen und stellen Sie die Uhr auf 10 nach 11.“ Ja, denke ich mir, jetzt bin ich soweit. Aber kein Problem, die Uhr ist schnell da, und die Zeit auch. Sie lächelt mich lieblich an, machen sie sich nicht so nervös, atmen sie mal richtig durch.. Ja  ich bin nervös sagen ich. Ja sie machen das..  " in das Moment hasse ich sie.". 

„So, und jetzt gebe ich Ihnen 4 Wörter, die müssen Sie sich in Gedanken behalten. Ich werde sie ganz langsam aussprechen. Kirche, Samt, Tulpen, Rot, Biene.“ Ich werde langsam nervös. Ich versuche mich zu konzentrieren. Ich möchte meinen Blutdruck im Moment nicht wissen. Ich fühle, wie sie wirkt.
„Gut, ich habe sie im Kopf… hoffe ich.“
„Gut, jetzt tun wir noch etwas rechnen.“ Ooooo, das geht schief. Rechnen, genau. Kopfrechnen war meine größte Schwäche in der Schule. Von 100 rechnen Sie jedes Mal 7 zurück. Ich schwitze, aber es geht langsam gut, dauert halt etwas länger.
Nun muss ich noch ein kleines Puzzle machen. Dann noch drei Tiere erkennen. Ich hoffe, es ist bald vorbei.
„So und nun sagen Sie mir bitte noch die vier Wörter in der richtigen Reihenfolge. Und wenn es geht, auch in umgekehrter Reihenfolge.“
Gut, ich muss noch etwas nachdenken, aber das geht auch noch gut. Inzwischen könnte ich ein Schnaps gebrauchen.
„Okay, Herr ... Sie haben das gut gemacht. Von 30 Punkten haben Sie 26 gemacht. Das ist gut.“
Sie schaut mich an. „Sie wissen doch, ich bin eine nette Person.“ Sie lächelt mich an. Ja, ist sie, aber im Moment könnte ich sie...

Ich habe bestanden, brauche dringend einen Kaffee.
Das war ein Alzheimer-Test. Das ist mir klar. Gut, fahren darf ich immer noch...und kostet nur 200 Sfr.
 

Anzeige


Anzeige