"KOMMUNIKATION" - das Wunder-Wort der neuen Zeit! Viel Spaß beim Lachen!




Einleitung: Irgendwo am Rande der Milchstraße...

"Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen." (Oscar Wilde)

"Die Breite in der Spitze ist unglaublich groß!" (Berti Vogts)

Deutschland - unendliche Weiten. Eine unübersehbare und vor sich hin wuselnde Vielfalt von Menschen, wohin man auch sieht: In Fußgängerzonen, Freibädern und auf Fanmeilen. 82 Millionen unverwechselbare Individuen. Na gut, wenn man sich in eine Eisdiele setzt und die Vorübergehenden eine halbe Stunde lang beobachtet - so unterschiedlich sind sie auch wieder nicht. Zum Beispiel, was die Farbe der Kleidung betrifft. Welche Farbe?, werden Sie fragen. Genau. Richtige Farben wie rot, gelb, grün, orange oder blau tragen nur Kinder. Manchmal noch Jogger. Erwachsene meiden sowas. Dafür gibt es immerhin zwei völlig unterschiedliche Arten von Beinkleidern: hellblaue Jeans und dunkelblaue Jeans.

Das sind ja auch nur Äußerlichkeiten, werden Sie einwenden. Innerlich ist jeder ein Kunstwerk, etwas ganz Besonderes! Vielleicht. Wir waren nicht sicher. Um es herauszufinden, haben wir jahrelange Feldfoschung betrieben.
 Wie schon für unser Vorgängerbuch "Ich bin eine Dame, Sie Arschloch!", haben wir so getan, als seien wir Aliens, die zufällig in diesem grünen Erdstreifen in Mitteleuropa gelandet wären und nichts wüssten über die farblosen Wesen, die hier herumlaufen (okay, meistens sizen sie eher herum). Wir haben ihnen zugehört, beim Metzger, im Baumarkt und auf dem Elternabend.
Wir haben entdeckt, dass es im Grunde nur eine überschaubare Anzahl von Typen gibt. Einige davon sind eine echte Seltenheit: Casanovas, Diven, Punks, Intellektuelle, Sambatänzer und Optimisten haben wir nur in wenigen, entlegenen Nischen gefunden. Charismatische Redner, gelassene Autofahrer und glückliche  Arbeitnehmer gar nicht.

Andere Typen sind dagegen so verbreitet, dass man ihnen kaum entkommt. Sie umgeben uns, sie missionieren uns, und sie bestärken sich gegenseitig in ihrer ganz eigenen Form von Logik. Sie beherrschen die Gespräche, ziehen alle Aufmerksamkeit auf sich und prägen unseren Alltag. Um sie geht es in diesem Buch. Wir geben ihnen Namen, lauschen ihren Tiraden und versuchen sie zu verstehen.
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Es ist, wie es ist...
In der Schweiz gibt es noch Liberale und Bergbauern. In England gibt es noch Exzentriker. Und in Jordanien gutaussehende Männer. Dafür haben wir Erfolgsucher und Traditionsbewahrer.
Halb so schlimm, wenn die Erfolgsucher nicht so erfolglos wären und die Traditionsbewahrer sich nicht jedes Jahr wieder über Halloween aufregen würden. Was ist bloß so schlimm an Kürbissen?

Von allen Systemen, die der Mensch geschaffen hat, sind seine Wahnsysteme am unterhaltsamsten. Folgen Sie uns ins Innere des Wahns, unerschrocken und unvoreingenommen. Und natürlich mit Schutzhelm..
Und wenn Sie festellen sollten, dass es sich um Ihr eigenes Wahnsystem handelt, haben Sie immer noch zwei Möglichkeiten: Entweder Sie regen sich auf, oder Sie erzählen es all Ihren Freunden...


KOMMUNIKATIONSKÜNSTLER

"Es ist sehr schwierig, jedes Mal eine neue Rede zu erfinden." (Heinrich Lübke)

"For You! Vor Ort!" (Letzter Werbeslogan von Schlecker vor der Insolvenz)

Wenn ein Zigarettenhersteller einen Liberty Award für mutige Journalisten ins Leben ruft, nennt man das "Unternehmenskommunikation". Wenn Tepco sagt, man habe in Fukushima längst alles unter Kontrolle, handelt es um "Krisenkommunikation". Und Ronald Poffala gibt reumutig zu, er habe seinen Wechsel vom Kanzleramt  in den Vorstand der Deutschen Bahn, nicht gut genug "kommuniziert".
Heute wird nur noch kommuniziert.
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Schenken Sie sich also Talkshows, Interviews, Homestorys, Pressekonferenzen und Preisverleihungen. (...) Tauchen Sie lieber in das Universum des Alltagsgesprächs. Hier wird niemand geschult, und keiner verfolgt einen Zweck. Im alltäglichen Gespräch sind wir wirklich frei - wozu der Mensch ursprunglich die Sprache erfunden hat. Er möchte gerne reden. Egal worüber, und egal, ob das jemanden interessiert.
Zuhören ist nicht nur anstrengend und überflüssig, es ist vor allem kontraproduktiv. Denn solange ich zuhöre, kann ich ja selbst nichts von mir geben.
16.215 Worte sprechen Frauen im Schnitt pro Tag. 15.669 sind es bei Männern. Und das ist kein zufälliger Messwert, sondern ein Mindestausstoß.
Wer darunter bleibt, fühlt sich einfach nicht wohl. Das hinzubekommen, ohne einen einzigen interessanten Gedanken zu haben, dem Mitmenschen freiwillig folgen würden - das ist die wahre Kunst. Lassen Sie uns einigen Meistern dieser Kunst lauschen...

HÖHERE MACHT
Vorweihnachtszeit, im Spielwarengeschäft. Ein junger Mann schaut sich suchend um, ein südländisch aussehender Verkäufer spricht ihn an...

Verkäufer: Kann ich Ihnen helfen?

Mann: Ja, das ist lieb. Meine Tochter führt nächste Woche im Kindergarten ein Krippenspiel auf. Sie hat die Rolle des Esels, und jetzt suche ich ein Kostüm für sie. Oder zumindest Eselsohren oder so etwas.

Verkäufer: Oh, das ist schwierig. Ich habe viele Weihnachtsmankostüme, auch gut?

Mann: Na ja, das passt nicht wirklich. Es geht um das Krippenspiel, und ihre Rolle ist nun der Esel.

Verkäufer: Ich habe auch noch Prinzessin-Kleid. Sehr hübsch.

Mann: Beim Krippenspiel wird ja die Weihanchtsgeschichte aufgeführt. Maria, Josef,  das Christkind. Dazu ein paar Schafe, ein Esel, Ochse und drei heilige Könige. Eine Prinzessin kommt da leider nicht vor.

Verkäufer: Ja, das ist schade. Anderes habe ich leider nicht. Oder, warten Sie, Weihnachtsmann, Prinzessin und ich habe ich glaube noch Star-War-Maske. Und Lichterschwert..


Quelle:
Buch "Ich hab dich rein optisch nicht verstanden. Deutsche Dialoge mitgehört", von Sören Sieg und Axel Krohn

Bild: Pinterest for free














 

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Kommentare (1)

farngeld

Bisher 157 Aufrufe, aber kein einziger Kommentar. Noch nicht einmal ein "Herzchen". Das kann so nicht weitergehen.  KOMMUNIKATION? Fehlanazeige! Ich mache mal den Anfang.

@aurora borealis
Danke für den lustigen Beitrag. Ich hatte "viel Spaß beim Lachen".
 


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