LIEBE, EIFERSUCHT UND RACHE


LIEBE, EIFERSUCHT UND RACHE

LIEBE, EIFERSUCHT UND RACHE

„Die beiden Frauen bleiben unten“, raunte uns der Einsatzleiter der Kriminalpolizei zu, bevor er mit der restlichen Gruppe die Treppe in die erste Etage hinauf stieg. Damit meinte er mich und eine weibliche Polizeibeamtin.
Es war noch früh. Erst 7.00 Uhr morgens, als die Polizei schnell den halbdunklen Hausflur betrat, denn die Eingangstür war nur angelehnt. Dort sollte bei einem Herrn Mustermann, der in Verdacht stand unserer Firma ein fabrikneues Telefaxgerät entwendet zu haben, laut richterlichem Durchsuchungsbeschluss, eine Wohnungsdurchsuchung stattfinden.
Ich war zwar als Zeugin des Vorgangs dabei, aber nur, um das Gerät bei der Auffindung zu identifizieren.

Gebannt verfolgte ich das Geschehen. Auch sah ich wie der Einsatzleiter kurz den Sitz seiner Dienstwaffe abcheckte. Sicher hatte er im Laufe seiner Dienstjahre schon gefährliche Situationen erlebt und war deshalb auf bestimmte Situationen gut vorbereitet. Was würde gleich geschehen? Die Spannung war unglaublich. Dann drückte der Mann energisch den Klingelknopf neben der Wohnungstür.

In diesem Moment hatte bestimmt jeder mit allem Möglichen gerechnet, aber wohl kaum mit einer albernen Melodie-Schelle.

Denn diese bölke plötzlich ganz laut los: 

„TRINK, TRINK, BRÜDERLEIN TRINK, LASS DOCH DIE SORGEN ZU HAUS!!!“🎵🎶

Dieses unangemessene Verhalten der taktlosen Türschelle kam mir fast so vor, als würde sie sich nicht nur über uns, sondern auch noch über die Ernsthaftigkeit der Situation lustig machen.

Zögerlich öffnete uns eine Frau im Bademantel die Wohnungstür. Es war Frau Mustermann, die über unseren Anblick vollkommen erschrocken war. Ihr Sohn, ein kleiner blonder Junge im Schlafanzug, stand direkt neben ihr. Nein, ihr Gatte war nicht da, erklärte sie kurz.

Die Kripobeamten nahmen unverzüglich ihre Arbeit auf. Doch schon beim Betreten des Wohnzimmers stolperten sie beinahe über das besagte Faxgerät. Mit Hilfe meiner mitgeführten Originalunterlagen konnte man nun die Gerätenummern vergleichen. Das Ergebnis war positiv. Ja, es handelte sich tatsächlich um das entwendete Gerät unserer Firma.

Nun war ich menschlich doch sehr enttäuscht von diesem Herrn Mustermann, denn er führte manchmal Wartungsarbeiten in unserer Firma durch. Alle kannten ihn. Nein, das hätte ich nicht von ihm gedacht, denn er war doch eigentlich immer ganz freundlich und hilfsbereit.
Doch mit diesem Fund gab sich die Kripo anscheinend noch nicht zufrieden. Sie durchstöberten weiterhin Wohnung, Boden- und Kellerräume. Was sie wohl noch suchten?

Frau Mustermann war fix und fertig, denn sie saß die ganze Zeit nebenan am Küchentisch und weinte still vor sich hin. Nur ihr Sohn war vergnügt und beobachtete neugierig die fremden Leute bei ihrer Tätigkeit.
Plötzlich plapperte der Bub etwas von seinem Papa, der das schöne Boot verkauft hatte. Nur den Motor nicht, denn der lag ja immer noch in der Garage.
Garage?
Das war ein richtiger Überraschungsmoment, und alle Erwachsenen starrten vollkommen erstaunt nur noch das Kind an. Der kleine Blondschopf war sehr kooperativ, denn er holte sogar den Garagenschlüssel und eilte begeistert voran, um der netten Polizei ja den richtigen Weg dorthin zu zeigen. Sicher war dem Kind gar nicht klar, dass es dabei gerade im Begriff war seinen eigenen Vater zu verraten.

Nun bildete sich eine seltsame Karawane, die sich erst durch den Hausflur, und danach noch ca.30 Meter entlang der Straße bewegte. Allen voran ein barfüßiger Junge im fröhlichen Delphinmuster-Schlafanzug, der stolz den Garagenschlüssel an einem langen Band schwengte. Dahinter folgten ihm sieben Kripobeamte, und ich war dann als Zivilperson das Schlusslicht.
Draußen, vor dem Haus, hatte sich schon eine Handvoll schaulustiger Leute eingefunden, die das Geschehen interessiert verfolgten. Einen „Guten Morgen“, wünschten uns die Anwesenden überfreundlich und mit grinsenden Gesichtern.

Als dann die beiden Flügeltüren der älteren Garage geöffnet wurden, konnte man nur noch über den Inhalt staunen. Nein, was für eine Räuberhöhle! Hier stapelten sich unzählige Warenarten und -Artikel in ihren Originalverpackungen. Vorzugsweise waren es Elektroartikel, wie ich erkennen konnte. Doch es gab auch stapelweise Musik- und Videoträger, ja, auch ein großer Generator war dabei nicht zu übersehen. Wo der wohl her kam?
Im Vordergrund standen pralle Plastiktüten, die bis zum Rand mit Armbanduhren gefüllt waren. Eine Tüte davon war umgekippt, und die schönen Uhren lagen nun kreuz und quer verteilt auf dem schmuddeligen Fußboden. Wer wohl die Eigentümer davon waren? Sicher würde es viele Wochen dauern, um sie ausfindig zu machen.

Knapp zwei Wochen später fand die Gerichtsverhandlung statt.
Da der Angeklagte aber geständig war, wurde auf meine Zeugenaussage verzichtet.
Dort erfuhr ich nun endlich einige Einzelheiten zu dem Hintergrund dieser Geschichte.

Herr Mustermann hatte nämlich seinem besten Freund die Lebensgefährtin ausgespannt.
Sicher kein angenehmes Gefühl, wenn man ausgerechnet von der eigenen Frau und seinem Freund gemeinsam betrogen und hintergangen wird.
Der betroffene Mann muss damals bestimmt vor lauter Wut, Erniedrigung und Eifersucht Gift und Galle gespuckt haben, und wollte dann sicher nur noch das eine..., RACHE!
Deshalb hatte er einen anonymen Brief an die Polizei geschrieben, denn er wollte seinen Rivalen möglichst schnell hinter Schloss und Riegel bringen. Dieser „Anonymus“ war über die Vorliebe seines ehemaligen Freundes gut informiert, und so erwähnte er in seinem Schreiben auch gleich den ganz frischen Telefax-Diebstahl in unserer Firma.

Doch hatte der „Anonymus“ eigentlich schon genug Pech in der Liebe gehabt, so blieb ihm das Glück bei seinem „Brief-Pokerspiel“ auch noch versagt, denn sein Nebenbuhler musste seine Strafe nicht im Gefängnis absitzen.
Herr Mustermann hatte nämlich bei der Gerichtsverhandlung einen sehr gnädigen Richter gefunden, der ihn anschließend nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilte.

Tja, dumm gelaufen. Doch vielleicht half dem Leidtragenden der Geschichte die Weisheit dieses Schunkelliedchens ja weiter:
„TRINK, TRINK, BRÜDERLEIN TRINK, LASS DOCH DIE SORGEN ZU HAUS!“🎶


Rosi65
NS: Titelbild-pixabay.de
Nachname wurde auf Mustermann geändert












 

Kommentare (8)

Marlen13

Was es nicht so alles gibt - also Dummheit sollte bestraft werden.
Im Nachhinein liebe Rosi schüttelt man ein wenig mit einem kurzem Lächeln 
zwar den Kopf.
Liebe Grüße dir, ❤️ lichst Marlen 
 

Rosi65

Da fragt man sich ernsthaft, liebe Marlen, warum können manche Menschen eigentlich nie mit dem zufrieden sein was sie schon an guten Dingen im Leben haben?

Herzliche Grüße
     Rosi65

Songeur

Zu deiner Geschichte, liebe Rosi, fehlen mir die Worte.

Die beiden Herren sind wirklich selten dämlich, schade dass nicht wenigstens einer eingebuchtet wurde. 😁

Herzliche Grüße
Hubert

Rosi65

Da kann ich Dir nur voll und ganz beipflichten, lieber Hubert.👍
Wie kann man denn nur so dumm sein, dieses Diebesgut einfach in der eigenen Garage/Wohnung zu deponieren, zumal es ja Mitwisser gab?

Dank Dir schön für Deine Meinung.
   Viele Grüße
      Rosi65

 

Christine62laechel


Was für eine Geschichte, liebe Rosi... Na ja, Liebe und Rache, das kann einfach nicht gut enden. Und schon gar nicht, wenn da auch noch ein Kind im Spiel ist, das so offen und ehrlich plappert, wie es nur bei Kindern üblich ist. 😊 Der freundliche Herr Mustermann hatte schon ein wenig Glück, dass er doch nicht ins Gefängnis musste; interessant, ob er es doch mal bereut hatte, diese Frau (mit diesem Kind) seinem Freund ausgespannt zu haben? 

Das Liedchen, das in diesen Umständen echt komisch vorkommen musste, ist übrigens schon ewig ein internationaler Schlager. Früher eher nur auf dem Lande, jetzt wird es hier oft bei Hochzeits- oder Namenstagspartys gern gesungen.

Mit herzlichen Grüßen
Christine

Rosi65

Das war wirklich ein spannender Tag, den ich da mal erleben durfte, liebe Christine.
Mein Vorgesetzter, sowie alle Mitarbeiter warteten damals nämlich ungeduldig auf meine Rückkehr, damit ich ihnen alles genau berichten konnte.
Herr Mustermann erhielt Hausverbot, und durfte unsere Firma nie wieder betreten.
Sicher war er danach beruflich ruiniert und bekam keine Aufträge mehr, denn die vielen anderen Betriebe in denen er gearbeitet hatte, werden ihn danach bestimmt auch nicht mehr angefordert haben.

Ach ja, dieses Liedchen kenne ich übrigens auch noch von fröhlichen Feierlichkeiten aus meiner Kinderzeit.😉

Viele Grüße
  Rosi65

ladybird

Liebe Rosi65..es ist kaum zu glauben, dass sich  solche Erlebnisse wirklich abspielen...
lustig bis spannend las ich von Deinem "Abenteuer" (mehr als Statist) und ich wollte der Einladung
" Trink,trink trink" am liebsten folgen
Prösterchen mit Dank und Freude von ladybird-Renate
kölsch.jpg

Rosi65

Auch im Nachhinein kann ich mich natürlich noch über diese besonderer Türschelle amüsieren.
Sicher hätte ihr Klangauftritt auch gut zu einem der Loriot-Sketche gepasst.
Na dann, zum Wohl, liebe Renate. 😊

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Viele Grüße
  Rosi65
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