Mein ziemlich wildes Backyard-Königreich


Mein ziemlich wildes Backyard-Königreich
Morgens, barfuß, Kaffee in der Hand, stehe ich auf der Veranda und blicke hinaus auf mein Reich. Mein Königreich. Oder besser gesagt: ein halb gezähmter Dschungel mit WLAN. Statt Rasenmäherromantik gibt’s bei mir Busch, Viecher, krumme Äste und kleine Dramen mit Federn und Schuppen.

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Kaum wärmt die Sonne die Baumkronen, trudeln auch schon meine Mitbewohner ein – völlig unbezahlt, aber mit klaren Erwartungen. Zwei Kookaburras sitzen wie zwei Wachposten auf dem Geländer und starren mich an, als wollten sie sagen: “Wo bleibt das Beefsteak Hack?“ Ich werf ihnen ein paar Bissen hin. Sie benehmen sich vorbildlich – keine Klopperei, kein Gekreische. Der eine lacht wie ein alter Kneipenkumpel nach drei Bieren. Sehr sympathisch.

Dann landen die King Parrots. Der rote Gentleman nimmt mir elegant Körner aus der Hand, als hätte er Manieren. Seine grüne Dame bleibt lieber auf Abstand – verständlich. Vertrauen will verdient sein. Ich bin nicht nachtragend.

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Ganz anders die Rainbow Lorikeets. Die kommen wie eine betrunken bunte Boyband auf Koffein: kreischend, flatternd, in die Sonnenblumenkerne stürzend wie in ein Freibierbuffet. Total irre. Meine Nichte Alena liebt sie – vermutlich, weil sie ähnlich energiegeladen ist.

Heute sitzt Alena mit mir auf der Veranda. Sie ist fast 30, und immer neugierig. „Heißt der Papagei wirklich König?“, fragt sie und deutet auf den King Parrot. Ich nicke. „Ja – aber höflich ist er nicht immer.“
Kaum ausgesprochen, raschelt es hinter uns. Leises Gleiten. Unsere Teppichpython, die normalerweise unter dem Verandadach hängt wie eine vergessene Girlande, kriecht über die Balken. Lautlos, elegant, sehr… präsent.

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Alena macht große Augen. „Wow… darf die das?“ Ich zucke mit den Schultern. „Die wohnt hier länger als du.“

Zum Glück kommt Chihiro, unsere japanische Au-pair, genau im richtigen Moment mit dem Frühstückstablett. „Frühstück, Caz-san“, sagt sie leise und verbeugt sich, als hätte sie gerade Sushi in einem Tempel serviert. Weichgekochtes Ei, Avocado, Lachs, schwarzer Kaffee – alles perfekt arrangiert. Chihiro sieht die Python und bleibt gelassen wie ein Zen-Mönch. „Sie ist sehr schön“, sagt sie ruhig. Ich mag ihre Art. Kein Drama, selbst mit Schlange im Dach.

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Meine Katze sitzt in sicherer Entfernung und schaut das Spektakel an wie eine strenge Schiedsrichterin. Die Waterdragons liegen faul auf den Steinen herum und tun so, als hätten sie das Grundstück gepachtet. Der Blauzungenskink hat heute früh ein Stück Banane abgesahnt und wirkt jetzt tiefenentspannt wie ein Buddha in Lederjacke.

Nach dem Frühstück nimmt Alena ein Stück Lachs, geht in Zeitlupe Richtung Waterdragon und legt ihn auf den warmen Stein. Fast so, als würde sie einem Gott opfern. Der Drache hebt den Kopf. Auge auf Alena. Keine Bewegung. Spannung. Dann – zack – schnappt er sich den Lachs.

„Der hat’s genommen! Ich glaub, er mag mich!“ Ich grinse. „Vielleicht. Oder nur deinen Lachs.“

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Dann fragt sie: „Was mag dieser Blauzungen-Dino noch mal?“
„Ei oder Lachs. Aber der ist wählerisch.“

Wir legen ihm ein Stück Ei hin und warten. Und siehe da – er kommt. Schwerfällig, mit diesem "Ich bin ein uraltes Reptil, mach keinen Stress"-Blick. Alena flüstert: „Der sieht aus wie ein Mini-Dino!“
„Ist er auch. Nur mit weniger Action.“

Der Skink schnappt sich das Ei. Alena springt auf wie ein Kind. „Zwei Drachen gefüttert! Ich bin eine Echsenflüsterin!“ Chihiro bringt kalten Saft, verbeugt sich wie immer, sieht Alena strahlen und sagt ruhig: „Alena-san hat Talent. Vielleicht lebt sie eines Tages hier mit ihren eigenen Drachen.“

Ich sage nichts. Ich lehne mich zurück, schaue in meinen Backyard, wo alles glitzert und raschelt und flattert. Vielleicht hat Chihiro recht. Vielleicht wird Alena eines Tages die neue Königin dieses kleinen Chaos-Reiches. Ich nehm noch einen Schluck Kaffee und warte auf das nächste Tier, das Frühstück will.

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