Hui, der Fahrtwind pfiff mir um die Ohren. Die Reifen des Velos quietschten als es um die Kurve bog. Ich fuhr nicht selbst. Ich sass im Kindersitz vor der Lenkstange. Mein Vater steuerte das Velo gekonnt. Ich genoss diese Fahrten. Ich war ungefähr fünf und mein Vater chauffierte mich oft. Das Velo verliess die Landstrasse, bog in den Waldweg ein. Es wurde dunkler. Tannen mit tiefhängenden Aesten standen beidseitig des Weges. Zwischen den Tannen hatte es Moos und Farne. Zeitweilig sah man auch Ameisenhaufen. Riesige Hügel voller schwarzer Krabbeltieren. Ich hätte so gerne mit einem abgebrochenen Ast in so einem Hügel herumgestochert, aber mein Vater verbot es mir. Dann war die Fahrt vorerst zu Ende. Das Velo musste an einen Baum gelehnt auf unsere Rückkehr warten.
Wir gingen in den tiefen dunklen Wald hinein.Ich hatte keine Angst, mein Vater war ja bei mir. Was machte nun mein Vater? Er ging zu einer bestimmten Stelle. Er kratzte das Moos weg und siehe da, hervorkamen hellgelbe Pilze. Pfifferlinge, sagte mein Vater. Wir nahmen die sorgfältig vom Boden auf und verstauten sie ihm Korb, den mein Vater mitgebracht hatte. Dann gingen wir zu einer anderen Stelle und wieder fanden wir sehr viele Pilze unter dem Moos. Ich bewunderte meinen Vater. Er konnte offenbar durch das Moos hindurch diese herrlichen Pilze sehen. Da mein Vater viele solche geheimen Plätze kannte, war unser Korb bald randvoll und wir konnten uns auf den Heimweg machen. Jetzt fuhr mein Vater langsamer, denn er musste achtgeben, dass ihm der volle Korb mit Pilzen nicht vom Gepäckträger fiel. Aber trotzdem fuhr der Fahrtwind durch meine langen Haare und ich trällerte zufrieden ein Lied vor mich hin. Zuhause angekommen staunte meine Mutter über die vielen schönen Pfifferlinge. Sie machte sich sogleich daran die Pilze zu putzen um sie dann nach ihrem Geheimrezept zu kochen. Die Pilze, die meine Mutter zubereitete schmeckten herrlich. Dazu gab es Nudeln die meine Mutter selbst
machte und Salat aus dem eigenen Garten. Hmmh, lecker, lecker. Mein Vater kannte soviele geheime Plätze, dass meine Mutter noch Pilze einkochen konnte in Gläser. Diese Gläser kamen dann in den Keller auf ein Holzgestell. Auf diesem Gestell hatte es lauter Gläser mit vielerlei Sorten Gemüse, alles auch aus dem eigenen Garten und eben auch solche mit Pilzen. Einmal im Jahr kam der älteste Bruder meiner Mutter zu Besuch. Er wohnte in Stuttgart und konnte deshalb nicht oft zu Besuch kommen. Aber wenn er, seine Frau und die beiden Kinder kamen, dann machte meine Mutter immer ein 2 Literglas von ihren Pilzen auf und es gab einen Riesentopf mit Pfifferlingen an einer Rahmsauce. Oh, war das eine schöne Zeit.


 

Kommentare (4)

Jackpot

Hallo liebe sorya, danke für deine Erinnerungsgeschichte.Der Geschmack der Kindheit
erinnert uns ein  Leben lang und auch ich ertappe mich manchmal dabei,wenns mir mental mal nicht so gut geht,dass ich mir dann ein Gericht aus der Kinheit "zaubere"...es wirkt und ich genieße es dann schmunzelnd.

Herzlichst Jackpot-Charlotte
 

sorya

@Jackpot
Vielen Dank. Ja manchmal wäre man froh wenn man wieder Kind sein könnte, so unbeschwert wie damals. Mir geht es jedenfalls so.
Liebe Grüsse Sorya

sorya

Danke liebe Rosi. Ich wünsche Dir noch ein schönes restliches Wochenende.
Lb Grüsse Sorya

Rosi65


Das ist eine sehr schöne Kindheitserinnerung, liebe sorya.

Da ich in einer Großstadt aufwuchs und man dort Lebensmittel nur auf dem Markt oder in einem Laden erwerben konnte, war es für mich deshalb ein besonderes Erlebnis mal ganz ohne Geld einfach so im Wald „einkaufen“ zu gehen.
Leider hatte ich aber damals als Kind nur einmal das Vergnügen in den Schulferien, als ich bei Onkel und Tante im ländlichen Schleswig-Holstein zu Besuch war.
Doch kann ich mich noch gut an den hübschen "Ziegenbart" unter einem Baum erinnern, der eine gelbleuchtende Farbe hatte.

Viele Grüße
   Rosi65