Die Gleichberge

  

Die Gleichberge



Entstanden aus glutflüssigem Stein
vor schier undenklichen Zeiten,
sind sie weithin sichtbar zu zweien,
wohlgeformt auf allen Seiten.
Daraus ihr Name sich herleitet:
Gleichberge* werden sie genannt,
was auf ihre Gestalt hindeutet,
denn diese ist weithin bekannt.

Bei Romhilden* am Ostrand der Rhön
ragen sie aus dem Grabfeld* auf,
zwei Geschwisterberge - wunderschön
mit sanftem feinen Linienverlauf,
manche Legende sich um sie rankt,
aus längst vergangenen Tagen,
auch heute man diesen Achtung schenkt
zur Ehrung der alten Sagen.


Gleichberge-2.jpg


Tönt von den Gipfeln dumpfes Brausen,
 kündigt sich starker Regen an,
die Bauern, Mägde, Knechte sausen
hinaus ins Feld mit Maus und Mann,
um rasch noch Früchte einzubringen,
auch das Heu und das Getreide
und dabei gilt vor allen Dingen,
dass man schnell ist und behende.

 Im großen Gleichberg söllt Wasser sein
in schier riesengroßen Mengen,
gösse man dieses ins Tal hinein,
 würd' ein Fluss sich zum Meer drängen,
 doch Herzog Johannes Casimir*
argwöhnte dieser Vorstellung,
streng verbot er, dass man das probier,
er fürchtete Überschwemmung.

  

Herzog Johann Casimir.jpg


 Der kleinere der Bergzwillinge
war einst mit einer Burg* geschmückt,
es hieß, der alte Burgherr hinge
an seiner Tochter so verzückt,
dass er den Antrag eines Ritters,
die Maid zum Altar zu führen,
abschlug und diesem samt und sonders
alles verschloss, Tor und Türen.

Hui, das söllt bald der Alte büßen
mit einer feindlich Heeresschar,
alsbald fand er vor seinen Füßen
des Jünglings Fehdehandschuh vor.
Der Alte hatte nun schwere Not,
zu Rat er rief den Teufel an,
sogleich der Belzebub Hilfe bot,
wenn er werde der Ehemann.

Dann würde er bis zum Hahnenschrei
um den Berg drei Steinwälle baun,
dem Burgvogt war alles einerlei,
er wollt der Macht des Teufels traun,
behende schleppten Geistgestalten
basaltene Wacker zum Berg
und ohne einmal einzuhalten
wuchs es heran, das Teufelswerk.


Gleichberge-Steinwall.jpg


Doch die Zofe hatte Erbarmen,
schlich sich mit Licht zum Hühnerstall,
alsbald begann der Hahn zu krähen
nächtens mit lautem Hahnenschall.
Der Steinwall zerbrach, der Teufel nahm
sich rasch des Burgherren Seele,
das traulich Paar bald zur Ehschaft kam. -
An Lieb' es ihm niemals fehle!


© Syrdal 2025

......................


Erklärungen:
*Gleichberge = zwei inselbergartig aufragende vulkanische Basaltkegel bei Römhild (Landkreis Hildburghausen) im fränkisch geprägten Teil von Thüringen am Ostrand der Rhön
*Romhilden = Mittelalterlicher Name der heutigen Kleinstadt Römhild im "Henneberger Land" an der Landesgrenze zu  Bayern
*Grabfeld = flachwellige bis hügelige Landschaft im Grenzbereich von Südthüringen und Bayern im Regenschatten der Rhön
*Herzog Johannes Casimir (*12. Juni 1564 - † 16. Juli 1633) = Herzog von Sachsen-Coburg aus der Familie der ernestinischen Wettiner
*Burg = der kleinere der beiden Gleichberge wird wegen seiner umlaufenden Steinwälle auch Steinsburg genannt

 


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Kommentare (20)

Songeur

Es gibt, lieber Syrdal, sogar eine von Outdooractive (einer der 3 für mich wichtigen Wanderanbieter) angebotene Wanderung zu Deinem Thema "Über den großen und kleinen Gleichberg."

Schade, dass diese Gegend so entfernt von meinen üblichen Wandergebieten ist. Von der Schwierigkeit und der Länge her wäre die Wanderung ideal für mich.

Herzliche Grüße
Hubert

Syrdal

@Songeur

Lieber Hubert,
als Wanderprofi ist Dir freilich ein solches Touren-Angebot bekannt. Und ja, die Rhön und überhaupt dann auch ganz Thüringen (Thüringer Wald mit dem bekannten Rennsteig über das Schiefergebirge bis hin zum Vogtland und auch die Kyffhäusergegend) hat wunderschöne Landschaften, die es lohnen, erwandert zu werden. Vielleicht hast Du ja doch einmal Gelegenheit dazu, ich kann es Dir und allen Wander- und Naturfreunden nur raten.

Danke für diesen schönen ergänzenden Hinweis und
liebe Grüße zum Abend sendet Dir
Syrdal 

Winterbraut

Lieber Syrdal,
deine Geschichte habe ich mit Interesse und gern gelesen.
Wie schön,  in eine sagenhafte Welt einzutauchen - gerade in diesen Zeiten.

Grüße in deinen Abend
Ingrid

Syrdal

@Winterbraut

Viele dieser alten Sagen sind ungemein wichtiger Teil unserer kulturellen Historie. Aus den oft lebensrealistisch begründeten Hintergründen können auch wir  Heutige noch viel für unsere gegenwärtige Lebensweise erfahren und entnehmen. Dies macht es wichtig, sie zu erhalten und mit entsprechenden Erkenntnissen weiterzutragen.

Mit Dank für Deine Anregung grüßt
Syrdal 

Marlen13

Lieber Syrdal,
ich kenne die Zwillingsberge - Gleichberge zwar nicht,
habe es aber mit großem Interesse in mir aufgenommen.
Und ich habe mich gleichzeitig gefreut von dir zu lesen.
Ich wünsche dir eine schöne neue Woche ❤️ lichst Marlen 

Syrdal

@Marlen13

Auch Dir, liebe Marlen, sei Dank...
Ob die Dir bekannten Zwillingsberge die beiden Gleichberge bei Römhild sind? Es gibt sicher in anderen Regionen vergleichbare Landschaften... oder?

Wie auch immer, sei herzlich bedankt mit ebensolchen Grüßen von
Syrdal 

U. Petri

Guten Morgen, lieber Syrdal - 
Du bist wieder sichtbar und lesbar im ST - wie schön!
Deine Geschichten, Gedichte und tiefsinnigen Gedanken
werden dem Blog gut tun - sie haben gefehlt! -
In dieser Zeit, die so rasend schnell Altes hinwegwischt und auch Neues
gleich wieder überholt ist es beruhigend und anregend, Altes wiederzufinden,
Erinnerungen anzustoßen und so die Blickrichtung zu verändern.
Dank Dir dafür 🌿
Mit den besten Wünschen und herzlichen Grüßen
Ursula

Syrdal

@U. Petri

Dir, liebe Ursula, dankt für die freundlichen Worte und Gedanken
mit herzlichen Grüßen
Syrdal  

Tulpenbluete13

Ach lieber Syrdal

was für eine schöne Geschichte...gekonnt in Szene gesetzt und märchenhaft zu lesen..
da hast Du Dir mal wieder richtig viel Arbeit gemacht.....danke dafür....

Für mich sind die Gleichberge mit wehmütigen Erinnerungen "behaftet"....
Mein Mann und ich habe kurz nach der Grenzöffung fast alles "bewandert" was damals für uns neu war..dabei so nah..(wenige KM von Coburg- unserem Ausgangspunkt entfent)
da war Römhild und da waren auch die Gleichberge dabei.
Du konntest stundenlang laufen ohne jemanden zu treffen.
Der eine Gleichberg ist mir in ERinnerng mit seinen riesiegen Fläche gelber Buschwindröschen die ganze Hänge -vor allem im Frühjahr- "überschwemmt" hatten.
Der andere Berg war- glaube ich- mir irgendwelchen "Spionage" Bauten der Russen besetzt.

Du hast mir eine wehmütige aber auch wunderschöne Erinnerung gebracht...
Vielen Dank für die Geschichte und die Erinnerung-.-

Lieben Gruß
Angelika

Syrdal

@Tulpenbluete13

Liebe Angelika,
mitunter verbinden sich Erinnerungen - so wie hier bei Dir mit diesem Gedicht - auch wehmütige Geschehnisse. Mehrmals ist mir das in anderen Situationen so ergangen. Dennoch hast Du zu diesem Gedicht nun auch eine ganz besondere Schwingung im persönlichen Erleben – an diesen damaligen Beuch der kleinen Werrastadt Römhild und der dortigen Wanderung hin zu den nahen Gleichbergen.
Dass sich dort eine Militärnalage der Sowjets befand, ist mir nicht bekannt, aber gut vorstellbar, denn die Grenze zum "Westen" war ja fast in Sichtweite. Das aber ist gottlob historische Vergangenheit. Also genießen wir die freie bzw. die befreite Gegenwart...

...sagt mit heiteren Grüßen
Syrdal 

werderanerin

Vor drei Jahren waren wir in der schönen Röhn, die Verlängerung des Thüringer Waldes. Wunderschöne Landschaft mit weiten Blicken übers Land, habe ich in Erinnerung.

Eine wunderschöne Geschichte, lieber Syrdal.

Kristine

Syrdal

@werderanerin  

Liebe Kristine,
auch ich liebe die Rhön, habe ich doch ganz oben in den Bergen einen Teil meiner frühen Kindheit verlebt. - Wirklich eine einzigartig schöne Landschaft, die mir sehr ans Herz gewachsen ist.

Einen frohen Abend wünscht Dir
Syrdal

Rosi65

Lieber Syrdal,

Dein "sagenhaftes" und schönes Gedicht führt uns in eine ganz andere Welt, denn es lässt die Fantasie erblühen und lädt zum Träumen ein.😊

Viele Grüße
   Rosi65

 

Syrdal

@Rosi65

Liebe Rosi,
wenn solch ein kleines Gedicht in eine "sagenhafte" Welt mit heiteren Fantasien führen kann, ist es das schönste, was es zu bewirken vermag. Möge dies bei vielen Leserbn mit Freude geschehen...

...wünscht mit lieben Grüßen
Syrdal 

indeed

Lieber Syrdal,

wie schön hast du dich hier mit diesem Blog wieder eingebracht. Wie schön ist es, dass du am im ST teilnimmst.
Viele Sagen und Legenden hast du uns schon vorgestellt und jedes Mal wird es gerne gelesen.

Es zeugt vom Aberglauben der Menschen der damaligen Zeit und gleichzeitig erklärst du in der Fußnote die historischen Fakten und Daten. Immer wieder faszinierend. 

Mit Dank habe ich gelesen und wünsche dir einen schönen Sonntag und grüße dich herzlich.

Ingrid

Syrdal

@indeed  

Liebe Ingrid,
ja auch ich freue mich, nun wieder am ST teilnehmen zu können und auch ab und an einen Beitrag einzustellen.

In den alten Geschichten, Märchen und Sagen liegt viel Fantasie, sie zeigen aber auch die frühere Denk- und Lebensweise. Inzwischen haben die Wissenschaften, vor allem die Naturwissenschaften, vieles erforscht, untersucht und nachvollziehbar erklärt. Dennoch liegt in den alten Überlieferungen viel Wahrheit und Weisheit - freilich bezogen auf die damalige Lebensweise. Vielleicht können die kleinen Gedichte ein wenig dazu betragen, dass die Sagen und Geschichten unserer Vorfahren nicht gänzlich verloren gehen.

Dies wünscht sich mit lieben Grüßen zu Dir
Syrdal
 

Monalie

lieber Syrdal- die Sage kannte ich nicht -und bin begeistert wie du sie erzählst-vielen Dank und einen schönen Sonntag von Mona

Syrdal

@Monalie

Liebe Mona,
viele der alten Sagen geraten leider mehr und mehr in Vergessenheit, aber sehr gerne freue ich mich mit Dir, dass Dir die kleine Geschichte gefällt.

Hab einen schönen Sonntagabend -
das wünscht Dir

Syrdal 

ladybird

Lieber Syrdal...mit Freude las ich Deine Sage von "Gleichberge", vor allen Dingen, diese Sage so gekonnt hier aufs "Papier" zu bringen..
begeistert immer wieder  aufs Neue.
Heute könnten wir  die Sagen  "soap opera" nennen.....( Kunstbanause?)
Sieh mal hier zeige ich "Gleichberge" in  Tschechien, die sicherlich eine andere "Sage" in sich verbergen? Was ist mit den "Gleichen" in Thüringen?

wurzelreise 4.12 138.jpg
Mit Dank und Gruss vom Rhein
herzlich Renate🐞

Syrdal

@ladybird

Liebe Renate,
ja, solche "Zwillingsberge" habe ich im Tschechischen (Böhmen) auch gesehen, Sehr schöne, teils wuchtige Gipfel... Mit ihnen verbundene Sagen kenne ich aber leider nicht.

Die von mir hier vorgetellten Zwillingsberge liegen auch in Thüringen, aber im oberen Werratal nahe der Grenzlinie zu Bayern, gehören aber noch zur Thüringer Rhön.

Nu n fragst Du nach den "Gleichen in Thüringen" und meinst sicher die drei Gleichen zwischen Arnstadt und Gotha mit der Wachsenburg (auf Deinem Foto zu sehen), Brandenburg und Gleichenburg. Diese Burgen sind gut zu sehen von der zwischen diesen Bergen entlangführenden Autobah A 4 (Dresden -Köln). Da gibt es freilich auch Sagen. Eine davon hatte ich schon einmal hier eingestellt in meinem Gedicht "Zwiebeweibter Graf von Gleichen" - eine sehr hübsche Geschichte.

Danke für Deine Fragen und Ergänzungen sagt mit herzlichen Grüßen
Syrdal 


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