Nerviges telefonieren in der Öffentlichkeit

Es gibt sie überall, die Telefonierenden ohne Rücksicht. Sie sind die wahren Herrscher der öffentlichen Räume. Ihre Gespräche dringen in unser aller Leben ein, egal ob wir es wollen oder nicht. Oft nehmen sie ihr reales Umfeld gar nicht mehr wahr.
Da ist zum Beispiel Herr Brömmel an der Supermarktkasse. Er blockiert die Schlange mit seinem völlig belanglosen Anruf bei „Mutti“. Ja, ich steh' hier an der Kasse, ja genau, REWE. Nein, EDEKA ist teurer. Ja, die Eier nehm ich mit. Nein, die kleinen. Nein, die normalen kleinen. Nicht die ganz kleinen, die mittleren kleinen. Der Kassierer schaut verzweifelt auf die Warteschlange, die bereits bis zur Gemüseabteilung reicht, während Herr Brömmel seelenruhig weiterdiskutiert, völlig ignorant gegenüber den genervten Blicken um ihn herum.
Dann gibt es Frau Schnippel im Wartezimmer beim Arzt. Ja, ja, der Doktor hat gesagt, das ist nur ein kleiner Ausschlag, aber ich sag dir, das JUCKT wie Hölle. Nein, keine Salbe hilft. Ich hab ALLES ausprobiert, sogar dieses homöopathische Zeug von der Nachbarin. Ach, du, das ist eine lange Geschichte... Der Rest der Wartenden rückt verstohlen ein paar Zentimeter weiter weg und tut so, als wären sie plötzlich unheimlich in die Apothekenzeitschrift vertieft. Frau Schnippel bemerkt es nicht einmal.
In der Bibliothek trifft man auf Herrn Zwack, den Experten für "laute Leise-Gespräche". Seine Stimme beginnt als leises Murmeln, steigert sich aber unweigerlich zu einer Stadionansage. JA, ICH BIN IN DER BIBLIOTHEK. NEIN, BIBLIO-THEK. BÜ-CHER. NEIN, KEIN KAFFEE, BÜCHER. Ein entnervter Bibliothekar taucht plötzlich auf wie ein Ninja, mit einem unheilvollen Psssst! Doch Herr Zwack ist unbeeindruckt und murmelt munter weiter, als wäre er allein auf der Welt.
Und dann gibt es noch die Schwimmbad-Koryphäe. Herr Klatschnass, der es irgendwie schafft, mit seinem wasserfesten Handy direkt aus dem Becken zu telefonieren. Jaja, ich bin hier im Wasser, kein Problem, ist ja wasserdicht. WAS? Achso, nee, das war nur ein Spritzer. Ja, das Projekt. Also, ich hab die Präsentation... Ein Kind springt ins Becken, eine Welle geht über Herrn Klatschnass hinweg, und er verstummt für einen Moment. Die Badegäste atmen erleichtert auf. Aber Herr Klatschnass registriert das Chaos um ihn herum nicht.
Egal, wo wir hingehen, sie sind da. Ob in Restaurants, Bussen oder auf öffentlichen Toiletten. Sie teilen ihre Leben mit uns. Doch manchmal, nur manchmal, passiert das Unfassbare, das Netz bricht zusammen. Und in diesem kurzen Moment der Stille, in dem niemand schreit, brüllt oder gestikuliert, fühlt sich die Welt plötzlich wieder ein kleines bisschen friedlicher an.
Kommentare (12)
Ich beömmel mich gerade.... so realistisch und auf den Punkt.....nur HERRLICH!!!!!
Mit Grüssle
VDI-Schnuck
Sachma @Schnuck
"Beömmeln" is so’n typischer Ausdruck ausm Ruhrpott un Rheinland, da sachse dat oft, wenn man sich kaputt lacht. Auf Ruhrschen Platt eben. Bisse auch von da?
💗lichen Dank für deinen Kommentar.
@doep56 ,hömma, jau, ich komm da wech...34 Jahre da als Kind und Erwachsene gelebt .... diese Zeit hat mich mehr geprägt als alles andere. Jetzt lebe ich schon 41 Jahre hier in Bayern und wenze die Blagenzeit mitzählen tust komze auf mein Alter.... übrigens bin ich in Mecklenburg geboren und ab 1950 in Moers am Niederrhein ....komze Dich auf mein Alter?
Mit Grüssle un schönen Tach sacht dat
Schnuck alias Veronika deren Blagen, Enkel und Urenkel und Verwandtschaft immer noch da oben lebt un nich nur da
Hömma, Veronika, dat is ja ne Rechenaufgabe, wo selbst Pythagoras inne Pommesbude kapitulieren würde! 🤯
Also wennze 34 Jahre in Moers gelebt hast, dann seit 41 Jahren in Bayern wohnst und ab 1950 in Moers warst...hmmm… ich sach ma, Du bis’ bestimmt so’n Baujahr, dat noch Wattepads aus der Apotheke kennt und nich ausm Discounter. 😄
Aber Respekt, wennze noch fit genuch bis, so flott mit Blagen, Enkeln und Urenkeln klarzukommen! Soll ich Dir jetzt die exakte Zahl ausrechnen oder einfach sagen: „Jau, gut gehalten!“?
Liebe Grüsse von Doris, die dat Altersrätsel einfach mal als Life Goals sieht! 😂
PS: Ich bin gebürtige Duisburgerin und 1984 nach Baden Württemberg gezogen und auch hängen geblieben.
Herr Brömmel schreitet stolz im Frack
- am Ohr die Stimme von Herrn Zwack,
der smartschwärmend von Frau Sippel;
erwähnt die Schönheit ihrer 'Nippel'.
Herrn Brömmel brennt das Ohr nun heiß;
auch klatschnass klebt an ihm der Schweiß,
und das im Festsaal! Welch ein Graus....
Das Handy bleibt demnächst Zuhaus.
Ein bisschen krass, liebe Doris, aber auch sowas könnte durch diesen lästigen Handytalk passieren. Dein Gedicht ist aus dem Leben geschrieben.
Liebe Grüße
Ingrid
Liebe@Winterbraut,
alle Achtung. Jetzt musste ich wirklich aus voller Kehle Lachen. Das hast du schön geschrieben. Ich finde es garnicht krass.
Leider fehlt mir zum Schreiben von Reimen und Gedichten, die Bildhafte, metaphorische oder auch reflektierende Sprache. Ich kriege es einfach nicht hin.
Aber Du hast offensichtlich dieses Talent! 👏
LG Doris
@Winterbraut
hier ist mir ein Schreibfehler unterlaufen.
Frau Sippel heißt natürlich Frau Schnippel.
Guten Morgen Doris!
Ja es ist nervig ohne Ende, ich versteh das nicht, dass man überall telefonieren und erreichbar sein muss.
Vor Jahren hatte ich eine Bekannte, die nahm einen sogar mit auf's Örtchen, was ich mir zwecks der Geräusche dann verbeten habe 😖
Unglaublich!
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende 🌷
wünscht Tessie
Liebe@Tessie,
ich frage mich, welche Folgen so ein Verhalten auf Dauer haben wird.
Verlernen solche Leute nicht, im Hier und Jetzt zu leben? Den Moment zu genießen? Ihr Umfeld wahrzunehmen? Sich auf sich selbst zu konzentrieren und somit bewusst zu leben?
Vielen klebt das Handy förmlich an der Hand. Das zeigt echtes Suchtpotential.
LG Doris
Zitat: "Doch manchmal, nur manchmal, passiert das Unfassbare, das Netz bricht zusammen. Und in diesem kurzen Moment der Stille, in dem niemand schreit, brüllt oder gestikuliert, fühlt sich die Welt plötzlich wieder ein kleines bisschen friedlicher an."
Dieser "Moment der Stille" ist, wie der Name schon sagt, leider nur von kurzer Dauer. Da hilft nur das Tragen von Ohrenstöpseln, bzw. Kopfhörern.