Was ist das für eine Pflanze, Herr Direktor?


Botanischer Garten in Berlin-Dahlem

Unser Großvater sollte Jura studieren. Scheinbar tat er es auch, dem Vater als auch dessen Scheck zuliebe. Aber da in Göttingen, weit genug weg vom heimischen Zuhause, Dessau an der Mulde, ging er lieber in die Vorlesungen über Botanik. Das ging so lange gut, bis die obligatorischen Jura-Semester abgelaufen waren, er das Examen nicht bestehen konnte, also auch keine Tantiemen vom Elternhaus mehr zugestanden bekam. Aus der Traum und umsteigen in eine Tätigkeit, bei der man selbst sein Geld zum Leben verdienen konnte. So wurde er „Korrespondent“ bei der „Friedrich Wil-helm Lebensversicherung“ in Berlin, da in der Behrenstraße.

Ich vermute – ich kann niemanden danach fragen – dass er mit seiner Familie dann wohl in Charlottenburg gewohnt hatte (Hörensagen). Von da war es nicht weit zum Botanischen Garten. Und da waren seine Kenntnisse in Botanik wohl sehr gefragt, denn man will ihn da als „Herrn Direktor“ angesprochen haben. Nun, mehr weiß ich nicht, außer dass er in den Berliner Markhallen (nahe dem Schlesischen Bahnhof) wegen seiner Beratungen in Pilz- und Blumen-Fragen eben der „Chef“ war. Zu schade: gerne hätte ich mehr von und mit ihm erfahren, er verabschiedete sich im Winter 1939/40, ich blieb in seinem Zimmer draußen in Eichwalde alleine zurück, hockte zwischen all seinen Büchern – seine Fische im Aquarium waren in den ersten Kriegswinter-Tagen eingefroren, weil es doch nichts zum Heizen gab.

Wenn Großvater nach September 1936 von seinen Besuchen des Botanischen Garten zurück nach Eichwalde kam, brachte er irgendwelche Sämlinge und Stecklinge von dort mit und setzte diese in Mutters Garten ganz einfach aus: mit seinen braunen, glänzenden Lack-Schnürstiefeln schob er eine flache Mulde in die sandige Gartenerde, warf Samen oder Stecklinge da hinein, schob mit der Stiefelspitze Erde darüber und überließ unserer Mutter das Gießen und Weiterbetreuen. Nicht immer zur Freude der Beschenkten, denn z.B. der Mauerpfeffer war, genauso wie die Maiglöckchen es an sich hatten, in ihrer Ausbreitung mehr ein Unkraut. Aber eben auch Raritäten landeten in den Rabatten.

An das alles musste ich denken, als wir Beiden uns zum Botanischen Garten aufmachten. Ein Sonntag bei herrlichem Frühlingswetter. Die Bäume und Sträucher setzten ihr Grün an, man wollte glauben, das Wachsen hören zu können. Zwar waren erst die Schneeglöckchen verblüht und in der Folge sind ja Märzenbecher und Krokusse dran, die Stafette weiter zu geben. Also auf nach Dahlem.

Vom Vortage auf unserer Tour durch den Südwestkirchhof in Stahnsdorf hatten wir gelernt, dringend einen Plan durch den Park mitzunehmen. Nach langer Busfahrt, gegen elf Uhr fanden wir Einlass am Haupteingang. Und nun überließen wir den Augen die Entscheidung zum Festhalten der Eindrücke mit den Kameras.

Weil ich dabei an meine älteste Schwester, die Gärtnerin – das Zeug dazu hat sie von Großvater und Mutter geerbt – dachte, haben wir ganz sorgfältig die Blütenpracht samt Namenschild festgehalten (sagt uns das Lateinische nur ganz wenig), um ihr ein Freude damit zu machen, damit sie, sowie sich einmal die Gelegenheit bietet, unbedingt zu Opas Spuren gehen/kommen möchte.

Wir waren lange im Garten, haben viele Geraden und Kurven abgelaufen. Zwar war vieles längst nicht aus dem Winterschlaf erwacht, also in kommender Zeit noch einiges zu erwarten ist. Auch wird bis zum nächsten Besuch wieder etwas von Neueinrichtungen im Freiland fertiggestellt sein.

Die Gewächshäuser und das Museum haben wir ausgelassen. Gleich nach Mittag schwoll der Besu-cherstrom an – es war Sonntag, da konnte man hier mit der Familie doch wunderschön spazieren gehen. Ich glaube, es waren gute drei Stunden, die wir mit unseren Eintrittskarten im Botanischen Garten wanderten. Nun gilt es, das Foto-Material zu sichten, zu sortieren und auszuarbeiten.

ortwin

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Kommentare (4)

ortwin Nicht nur Pflanzen, sondern auch Tiere lenkten unsere Aufmerksamkeit auf sich:







Auch an die Umwelt wurde gedacht:


ortwin

anjeli Auch dieser Bericht von dir hat mir gefallen.
Aber, wo sind die schönen Fotos?

Ich glaube, nicht nur deine Schwester hat die Gene eures Grossvaters geerbt, sondern du
auch. Ein kleines bisschen ist auch bei dir vorhanden, denn du scheinst ein Naturliebhaber zu sein.
Das habe ich jetzt und in der Vergangenheit schon öfters feststellen können.

anjeli
ortwin so beurteilte meine Tante mein Essen, als Fünfjähriger, als ich 1936 nach der Taufe meiner zweiten Schwester von zwei Cousinen mit nach Dessau mitgenommen wurde. Der Onkel Edner oder auch eine von den Cousinen (fesche junge Damen!) wanderten mit mir hinaus in die Auen nahe der Mulde und sicherlich auch in den Wörlitzer Park. Das alles ist noch fest in meiner Erinnerung.
Dieter

ortwin
finchen und was war das nun für eine Pflanze?
Ich glaube, das war 'ne Berliner Pflanze, wie man zu sagen pflegt.
Du, ich stamme aus Dessau, warst Du dort schon mal im Wörlitzer-Park?
Ist zum Weltkulturerbe erklärt !!!!
Ich bin jetzt mal ganz hämisch und nicht böse gemeint:
Pfff...Berlin, fahr mal nach Dessau !!
Liebe Grüße aus Oberbayern von einer Dessauerin
Dein Moni-Finchen

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