Operation notwendig? Ihr Recht auf eine Zweitmeinung!

Auch wenn Ärzte eine erstklassige Ausbildung absolviert haben und die medizinische Technik sich ständig verbessert – Operationen sind nach wie vor mit einem gewissen Risiko verbunden. Ist der Patient älter und der Eingriff komplizierter, treten noch häufiger unvorhergesehene Ereignisse ein. Deshalb sind bei planbaren Operationen Zweifel, ob es keine alternative Behandlung gibt, durchaus angebracht.
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Wie der Fall eines 17-Jährigen nämlich zeigt, kann es auch bei Routine-Eingriffen, wie einem Nasenbeinbruch, zu Komplikationen mit schwerwiegenden Folgen kommen. Bei der OP im Jahr 2013 waren die Schläuche des Sauerstoffgeräts falsch angeschlossen. Dadurch erlitt der junge Mann einen Hirnschaden und ist fortan nicht mehr in der Lage, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Nach jahrelangem Rechtsstreit wurde der Familie des Opfers Anfang November 2019 vom Landgericht im hessischen Gießen ein Schmerzensgeld von insgesamt 800.000 Euro zugesprochen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Solche und ähnliche Fehler sind bei Operationen immer wieder möglich. In diesem Fall war ein operativer Eingriff unvermeidbar, aber bei anderen Erkrankungen ist eine Operation nicht immer notwendig. Um zu erfahren, ob der Eingriff wirklich sein muss, sollten Sie sich vor einer geplanten Operation eine Zweitmeinung einholen.

Eine zweite Meinung einholen – alternative Behandlungsmethoden aufzeigen

Im August 2019 bekam die Klinik für Neurochirurgie im Universitätsklinikum Essen den Namenszusatz "Wirbelsäulenchirurgie". Patienten mit einer Erkrankung sollen schneller an qualifizierte und erfahrene Ansprechpartner für eine Diagnose kommen und die geeignete Behandlung erhalten. Im Klinikum können Patienten auch eine Zweitmeinung einholen, ob eine Operation in ihrem Fall notwendig ist. Für dieses Thema wurde eine zusätzliche tägliche Sprechstunde eingerichtet, in der Oberärzte mit langjähriger Erfahrung in der Wirbelsäulenchirurgie beratend zur Seite stehen. Dank dieser fachkundigen Zweitmeinung kann eine Fehldiagnose erkannt und die unnötige Operation somit vermieden werden. In anderen Fällen können durch eine Zweitmeinung alternative Behandlungsmethoden aufgezeigt werden. Auch Systemfehler, eine Vielzahl älterer Patienten oder die zunehmende Ökonomisierung in der Krankenhausmedizin können zu vorschnellen Entscheidungen für eine Operation führen.

Was Sie bei einer Zweitmeinung beachten sollten – fünf Tipps

Möchten Sie vor einer Operation eine Zweitmeinung einholen, sollten Sie die folgenden fünf Tipps berücksichtigen:
 
  • Der behandelnde Arzt muss Sie mindestens zehn Tage vor dem geplanten Eingriff über Ihr Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung informieren, sodass Sie genügend Zeit haben, eine Zweitmeinung einzuholen.
  • Sie sollten den Arzt informieren, wenn Sie eine Zweitmeinung einholen möchten, und ihn bitten, Laborwerte, Ergebnisse von bildgebenden Untersuchungen und ärztliche Berichte auszuhändigen.
  • Als Patient haben Sie das Recht, Ihre vollständige Patientenakte einzusehen. Von Ihrer Patientenakte können Sie eine elektronische Abschrift verlangen. So vermeiden Sie gesundheitlich belastende Doppeluntersuchungen. Die Kosten für die Kopien der Patientenakte darf der Arzt Ihnen in Rechnung stellen.
  • Sie sollten darauf achten, dass der Zweitgutachter für die Begutachtung der medizinischen Notwendigkeit eines Eingriffs ausreichend qualifiziert ist. Er sollte mindestens eine fünfjährige Tätigkeit auf dem entsprechenden Gebiet als Facharzt nachweisen können.
  • Falls Sie unsicher sind, an wen Sie sich wegen einer Zweitmeinung wenden können, kontaktieren Sie Ihre Krankenkasse. Dort erhalten Sie Unterstützung, wenn Sie eine ärztliche Zweitmeinung brauchen.

Zweitmeinungen als Extras der Krankenkassen

Nicht bei allen geplanten operativen Eingriffen haben Sie das Recht auf eine kostenlose Zweitmeinung. Es hängt von der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse ab, bei welchen geplanten Eingriffen sie die Kosten für eine Zweitmeinung übernimmt. Seit Frühjahr 2019 sind Zweitmeinungen für Gebärmutterentfernungen und Mandeloperationen im Sozialgesetzbuch gesetzlich verankert. Zusätzlich können die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für Zweitmeinungen bei orthopädischen Operationen, Herzoperationen oder Krebsoperationen übernehmen. Sie sollten bei Ihrer Krankenkasse nachfragen, für welche Zweitmeinungen eine Kostenübernahme erfolgt. Häufig arbeiten Krankenkassen mit kooperierenden Spezialisten zusammen, die als Gutachter für die Beurteilung der Behandlung qualifiziert sind. Diese Gutachter vermitteln die Patienten zu Ärzten, die nachweislich umfangreiche Erfahrungen und gute Ergebnisse in diesem Bereich vorweisen können. Sie vereinbaren einen Termin und begleiten den Patienten bis zu zwei Jahre lang. Der Patient wird vom Gutachter informiert, warum der ausgewählte Spezialist für die Behandlung geeignet ist.
 

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